Trotz der kürzlich veröffentlichten positiven Evaluation des Cannabisgesetzes (CanG) wächst die Kritik aus den Bundesländern. Mehrere Landesregierungen fordern deutliche Nachbesserungen – einige gehen sogar so weit, die Aufhebung des Gesetzes ins Gespräch zu bringen.
Hintergrund: Ein Gesetz mit hohen Erwartungen
Mit dem Cannabisgesetz (CanG) wollte die Bundesregierung den Umgang mit Cannabis in Deutschland auf neue Füße stellen. Ziel war es, den Schwarzmarkt einzudämmen, den Jugendschutz zu stärken und den Konsum sicherer zu gestalten. Seit Inkrafttreten im Jahr 2024 dürfen Erwachsene bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und bis zu drei Pflanzen privat anbauen. Nun zeigt sich jedoch: Die Umsetzung stößt auf massive Kritik in den Ländern.
Kritikpunkte der Bundesländer
Die Kritik am Cannabisgesetz (CanG) fällt in den Bundesländern unterschiedlich, aber insgesamt deutlich aus.
Baden-Württemberg bezeichnet die Teil-Legalisierung als „handwerklich verkorkst“ und fordert eine umfassende Überarbeitung – im Extremfall sogar die vollständige Aufhebung des Gesetzes.
Auch Nordrhein-Westfalen zeigt sich ablehnend: Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bleibt einer der lautesten Kritiker der Reform und sieht im CanG mehr Risiken als Nutzen.
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein beklagen hingegen unklare Regelungen und rechtliche Lücken bei der Organisation und Kontrolle von Anbauvereinen und Cannabis-Clubs. Viele Fragen zur Zuständigkeit und Aufsicht seien bislang ungeklärt.
Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt sehen zwar Fortschritte, melden jedoch deutlichen Nachbesserungsbedarf an. Ihrer Meinung nach wurden die ursprünglichen Ziele des Gesetzes – etwa Jugendschutz, Entlastung der Justiz und Eindämmung des Schwarzmarkts – bislang nicht erreicht.
Auch Berlin meldet sich mit eigenem Schwerpunkt zu Wort: Die dortige Verkehrsverwaltung hält die aktuellen THC-Grenzwerte im Straßenverkehr für zu hoch und will die laufende CanG-Evaluation nutzen, um künftig strengere Grenzwerte durchzusetzen.
Stellungnahme
Die Bundesregierung reagiert bislang gelassen auf die wachsende Kritik aus den Ländern.
Das Bundesgesundheitsministerium verweist darauf, dass das Cannabisgesetz (CanG) von Beginn an als lernendes System konzipiert worden sei.
Ziel sei es, durch die laufende CanG-Evaluation bis 2028 belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse über die gesellschaftlichen, gesundheitlichen und rechtlichen Auswirkungen der Legalisierung zu gewinnen.
Erst auf dieser Basis sollen mögliche Anpassungen oder Gesetzesänderungen beschlossen werden.
Ein Sprecher des Ministeriums betonte:
„Wir nehmen die Hinweise der Länder ernst, aber Reformen dieser Größenordnung müssen wissenschaftlich begleitet und faktenbasiert bewertet werden.“
Befürworter des Gesetzes, darunter Vertreter der Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP, weisen darauf hin, dass strukturelle Veränderungen Zeit benötigen.
Sie argumentieren, dass die Entkriminalisierung bereits Tausende von Verfahren entlastet habe und der Aufbau von Anbauvereinen erst am Anfang stehe.
Eine Bewertung nach nur wenigen Monaten sei daher verfrüht und würde die positiven Entwicklungen übersehen.
Kritiker hingegen – vor allem aus der Opposition und konservativen Landesregierungen – warnen, dass die Bundesregierung die praktischen Probleme in der Umsetzung unterschätze.
Sie befürchten, dass das Gesetz den Schwarzmarkt bislang nicht eindämmen konnte und in einigen Regionen sogar neue Unsicherheiten schafft.
Auch Experten aus der Sucht- und Präventionsforschung zeigen sich gespalten.
Während einige den Ansatz begrüßen, den Konsum aus der Illegalität zu holen und stärker zu regulieren, sehen andere die Gefahr, dass unklare Kontrollen und fehlende Aufklärungskampagnen den Jugendschutz gefährden könnten.
Insgesamt wird deutlich: Die politische und gesellschaftliche Debatte um das CanG ist noch lange nicht abgeschlossen – und die kommenden Evaluationsergebnisse dürften entscheidend für die Zukunft des Gesetzes sein.
Analyse
Die aktuelle Debatte zeigt deutlich, dass die Legalisierung von Cannabis in Deutschland weiterhin ein politisch sensibles Thema bleibt.
Zwischen Gesundheitsschutz, Sicherheitspolitik, Bürokratie und föderaler Verantwortung entsteht ein komplexes Spannungsfeld, das einfache Lösungen nahezu unmöglich macht.
Während die Bundesregierung das CanG als Meilenstein für eine moderne Drogenpolitik präsentiert, sehen viele Landesregierungen darin ein überstürztes Experiment, dessen Folgen noch nicht ausreichend absehbar sind.
Das Nebeneinander von Bundesrecht und länderabhängiger Umsetzung führt zu einer uneinheitlichen Anwendung des Gesetzes – was wiederum zu Unsicherheit bei Behörden, Polizei und Bürgern beiträgt.
Besonders deutlich wird dieses Spannungsverhältnis im Umgang mit Anbauvereinen und THC-Grenzwerten im Straßenverkehr.
Hier prallen unterschiedliche Interessen aufeinander:
Gesundheits- und Jugendschutz auf der einen Seite, individuelle Freiheit und Entkriminalisierung auf der anderen.
Auch gesellschaftlich bleibt das Thema polarisiert.
Während ein Teil der Bevölkerung die Legalisierung als überfälligen Schritt in Richtung aufgeklärter Drogenpolitik feiert, sehen andere darin einen gefährlichen Trend, der falsche Signale an Jugendliche sendet.
Fest steht: Das CanG ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein laufender Prozess.
Die kommenden Jahre – insbesondere die Ergebnisse der CanG-Evaluation bis 2028 – werden zeigen, ob das Gesetz seine Ziele tatsächlich erreicht oder ob Deutschland seine Cannabis-Politik erneut grundlegend überdenken muss.
Ausblick
Wie es mit dem Cannabisgesetz (CanG) weitergeht, bleibt vorerst offen.
Ob die Bundesregierung das Gesetz nachbessert, verschärft oder einzelne Regelungen sogar zurücknimmt, wird maßgeblich von den Ergebnissen der laufenden Evaluation abhängen, die bis 2028 abgeschlossen sein soll.
Fest steht: Die Diskussion über Sinn, Wirkung und Grenzen der Legalisierung ist noch lange nicht beendet.
Zwischen wissenschaftlicher Auswertung, politischen Interessen und öffentlichem Druck wird sich entscheiden, ob das CanG als Erfolg moderner Drogenpolitik gilt – oder als Beispiel für eine Reform, die an der Praxis scheiterte.
Eines zeigt sich jedoch bereits jetzt:
Die Legalisierung von Cannabis bleibt ein gesellschaftliches Großprojekt, das nur funktionieren kann, wenn Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen – und die Balance zwischen Freiheit, Verantwortung und Schutz konsequent gewahrt wird.
Häufige Fragen (FAQ)
1. Was ist das CanG überhaupt?
Das CanG (Cannabisgesetz) regelt seit 2024 den Besitz, Konsum und Anbau von Cannabis in Deutschland. Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm besitzen und drei Pflanzen privat anbauen. Ziel war die Entkriminalisierung und die Eindämmung des Schwarzmarkts.
2. Warum kritisieren einige Bundesländer das CanG?
Mehrere Länder bemängeln, dass das Gesetz zu unklar formuliert ist, praktische Lücken aufweist und in der Umsetzung bürokratisch kompliziert ist. Manche fordern sogar eine Aufhebung des Gesetzes.
3. Welche Bundesländer äußern besonders scharfe Kritik?
Allen voran Baden-Württemberg, das die Teil-Legalisierung als „handwerklich verkorkst“ bezeichnet.
Auch Nordrhein-Westfalen mit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) lehnt das Gesetz weiterhin ab.
4. Was stört die Länder konkret an der Umsetzung?
Ein zentraler Kritikpunkt sind unklare Regelungen für Anbauvereine und Cannabis-Clubs, fehlende Zuständigkeiten und unterschiedliche Auslegungen in den Bundesländern.
5. Welche Rolle spielt der Straßenverkehr in der Diskussion?
Die Berliner Verkehrsverwaltung hält die derzeitigen THC-Grenzwerte für Autofahrer für zu hoch. Sie fordert strengere Limits, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
6. Wie reagiert der Bund auf die Kritik?
Das Bundesgesundheitsministerium verweist auf die laufende CanG-Evaluation, die bis 2028 Erkenntnisse liefern soll. Erst danach will die Bundesregierung über Anpassungen entscheiden.
7. Was sagen Befürworter des Gesetzes?
Befürworter argumentieren, dass das Gesetz einen historischen Schritt zur Entkriminalisierung darstellt. Sie betonen, dass Veränderungen Zeit brauchen und eine Evaluation notwendig ist, um Fakten zu schaffen.
8. Welche Ziele verfolgt das CanG ursprünglich?
- Schutz von Kindern und Jugendlichen
- Reduzierung des Schwarzmarkts
- Entlastung der Polizei und Justiz
- Förderung eines sicheren, kontrollierten Konsums
9. Was passiert, wenn die Evaluation negative Ergebnisse zeigt?
Sollte die Evaluation (bis 2028) zeigen, dass das Gesetz nicht wirkt oder sogar Probleme verschärft, könnte der Bundestag Änderungen oder Teilaufhebungen beschließen.
10. Warum ist das Thema so umstritten?
Weil das CanG mehrere politische Ebenen betrifft:
Gesundheit, Sicherheit, Justiz, Verkehr und Gesellschaft.
Während einige die Legalisierung als Fortschritt sehen, betrachten andere sie als Gefährdung der öffentlichen Ordnung.